Kierkegaard … ist tiefsinnig

Heiberg bemerkte in seinem Anschrei aus Anlaß von »Entweder-Oder«, daß es Bemerkungen darin gäbe, von denen man nicht recht wüßte, ob sie tiefsinnig wären oder nicht. Das ist der große Gewinn, den Professor Heiberg und Konsorten haben, daß man von dem, was sie sagen, im voraus weiß, bevor man es hört, daß es tiefsinnig ist. Zum Teil hat es seinen Grund darin, daß man bei ihnen selten oder nie einen einzigen primitiven Gedanken findet. Was sie wissen, leihen sie von Hegel. Und Hegel ist ja tiefsinnig – ergo ist das, was Professor Heiberg sagt, auch tiefsinnig. Auf diese Weise kann jeder Theologiestudent, der sich in seiner Predigt auf die Bibel beschränkt, der Tiefsinnigste von allen werden; denn die Bibel ist doch wohl das tiefsinnigste Buch.

(IX A 162 – JJ 165) Søren Kierkegaard, Geheime Papiere. Aus dem Dänischen übersetzt, kommentiert und herausgegeben von Tim Hagemann, Frankfurt am Main 2004, S. 43.

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